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Bedeutung der Bongerten für Ökologie und Naturschutz

Bongerten (deutsch: Streuobstwiesen) sind ein für die mitteleuropäische Kulturlandschaft typisches Landschaftselement. Wohl in kaum einem anderen Lebensraumtyp sind auf so kleiner Fläche so viele Belange von Natur und Landschaft vereint wie im Bongert.

 

Landschaft und Erholung

In ausgeräumten Agrarlandschaften strukturieren die Bongerten die Landschaft, sie lockern sie auf, bilden natürliche Übergänge zwischen bebauten und unbebauten Zonen, zwischen Offenland und Waldgebieten. Besonders hier kann man den hohen landschaftsästhetischen Wert der Bongertenbestände erleben. Auch einzelne, isolierte Bongerten sowie grosse Einzelbäume, wie z.B. riesige Mostbirnbäume, stellen eine Bereicherung für das Orts- und Landschaftsbild dar und verleihen vielen Kulturlandschaften und ganzen Regionen ihr charakteristisches Erscheinungsbild.

Im Rhythmus der Jahreszeiten prägen die verschiedenen Obstbäume durch Blütenreichtum im Frühjahr, durch Früchte und Laubfärbung im Herbst sowie durch malerische, bizarre Kronenformen im Winter die Landschaft.

Bongerten wurden von den Bauern zur Produktion von Obst angelegt. In den letzten zwei Jahrzehnten wurden viele Menschen wieder verstärkt auf die Bongerten aufmerksam, dies jedoch mehr wegen der Landschaftsästhetik, der Erholungsfunktion und dem Naturschutz. Die Erhaltung alter Obstsorten wurde erst in den letzten Jahren thematisiert.

 

In Luxemburg gibt es im Osten die größten Bongerten. In den drei Kantonen Echternach, Grevenmacher und Remich stehen etwa die Hälfte aller luxemburgischen Hochstammobstbäume. In den meisten Fällen befinden sich Bongertenbestände rings um die Dörfer. Besonders im Trintingertal, im Syrtal und entlang der Sauer binden die Bongerten die Ortschaften harmonisch ins Landschaftsbild ein. Die seit Jahren andauernde Erweiterung der Bebauung hat dazu geführt, dass etliche Bongerten gerodet wurden.

 

Biotopvernetzung

Die zerstreut stehenden Obstbäume und Bongerten prägen jedoch nicht nur das Landschaftsbild, sie können bei einer bestimmten Grösse, Obstbaumreihen bei einer bestimmten Länge und Einzelbäume mit einer voluminösen Krone eine wichtige Rolle in der Biotopvernetzung übernehmen. Ähnlich wie Hecken stellen sie sogenannte Trittsteine innerhalb ausgeräumter Agrarlandschaften dar. Spezialisierte Tiere können sich entlang dieser Strukturen orientieren und bewegen. In intensiv genutzten, ausgeräumten Landschaften stellen die Bongerten oft letzte Inseln extensiverer Landnutzung dar und werden deshalb von vielen Tieren als Refugium aufgesucht.

 

Obstbaukultur und Sortenvielfalt

“Der Obstbau ist die Poesie der Landwirtschaft”, pflegte Pfarrer Korinian Aigner (1885-1966) zu sagen, der sich intensiv mit der Apfelsortenzucht auseinander gesetzt hat. Viele tausende Obstsorten wurden in Mitteleuropa gezüchtet, vermehrt und in den Bongerten ausgepflanzt. Verschiedene Obstsorten haben aufgrund ihrer verschiedenen Ansprüche auch unterschiedliche Verbreitungsgebiete. Die Obstsorten wurden so gezüchtet, dass sie neben den Anspüchen im Hinblick auf Geschmack, Verwertung und Lagerung auch an die lokalen Standortbedingungen angepasst waren. Eine hohe Sortenvielfalt erlaubte eine gestaffelte Ernteperiode und ein breit gefächertes Angebot an Obst. Alte Bongerten weisen auch heute noch eine hohe Vielfalt an verschiedenen Obstarten und -sorten auf. Sie sind als echtes Kulturgut und lebendes Museum anzusehen, Jedoch müssen wir uns sehr bemühen, diese Kulturvielfalt zu erhalten und zu nutzen.

Aus Sicht der Obstbaukultur ist es deswegen wichtig, bei Neupflanzung von Hochstammobstbäumen alte, regional bewährte Obstsorten zu pflanzen. Leider gibt es in Luxemburg keine spezialisierte Obstbaumschule mehr, welche diese Sorten aus einer Eigenproduktion anbieten könnten. Der Naturschutz hat die Problematik der Verfügbarkeit regionaler Obstsorten erkannt und versucht, alte Sorten wieder für die Vermehrung in der Baumschule zur Verfügung zu stellen.

 

Klimaausgleich

Bongerten beeinflussen das Mikroklima sowohl im Bongert selbst als auch in ihrer unmittelbaren Umgebung. Die Windgeschwindigkeit wird reduziert, was vor allem für angrenzende Ortschaften, für freistehende Bauernhöfe und für Ackerkulturen positive Auswirkungen hat. Die Amplitude des Nacht-Tag-Gangs der Temperatur wird in bodennahen Luftschichten um bis zu 2°C reduziert. Ähnlich wie bei Hecken und beim Wald findet eine Staub filternde Wirkung statt und es kommt zu einer Frischluftproduktion infolge der Wasserverdunstung auf den Blättern. Der Schattenwurf bedingt ein angenehmes Bestandsklima, eine günstige Wasserbilanz und schafft zudem einen beliebten Aufenthaltsbereich für das Weidevieh während heisser Sommertage.

 

Boden- und Wasserschutz

Das Wurzelwerk der Bäume und die Grünlanddecke verhindern, ähnlich wie beim Dauergrünland, das rasche Abfließen von Oberflächenwasser bei starken Regengüssen. In Hanglagen wirken die Baumwurzeln zudem als Erosionsschutz. Durch die abgefallenen Blüten und Blätter und liegengebliebenen Früchten baut sich im Bongert eine Humusschicht mit vielerlei Bodenleben auf, was sich wiederum positiv auf die Bodenstruktur und die Wasserverhältnisse auswirkt.

Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln war früher in den Bongerten gering und ist auch heute eher die Ausnahme. Lediglich bei Jungbäumen ist in Einzelfällen eine Behandlung notwendig. Hier sollten dann biologische Mittel eingesetzt werden. Mit der Düngung in den landwirtschaftlich genutzten Bongerten sieht es jedoch mittlerweile anders aus. Die mineralische Stickstoffdüngung ist sehr weit verbreitet. Der Einsatz breitflächiger Düngerstreuer hat die Düngerausbringung auch in den Bongerten und unter den Bäumen ermöglicht. Durch die Aufdüngung reduzierte sich vielerorts die pflanzliche Artenvielfalt im Grünland der Bongerten, was auch negative Auswirkungen auf das Bodenleben, die Bodenstruktur, das Bodengefüge und die Bodenstabilität hat. Auch wird das Leben der Obstbäume durch synthetische Stickstoffdüngung verkürzt und die Bäume werden anfälliger für Krankheiten und Schädlinge, wie z.B. Blattläuse.

 

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