Erstaunliche Kirschsortenvielfalt im Trintingertal
Im Rahmen des Lokale Agenda 21- Projektes, das vom MDDI und der Gemeinde Waldbredimus finanziert wurde, konnten über 30 Sorten allein im Trintingertal entdeckt werden. An den Namen der Sorten kann man bereits ahnen, dass nicht alle Sorten ursprünglich aus dem Trintingertal stammen. Vielmehr ist es so, dass im Tal Sorten aus halb Europa versammelt sind, wobei deutsche und französische Sorten an erster Stelle stehen. Neben diesen weit verbreiteten überregionalen Sorten findet man aber auch regionale Sorten, deren Herkunft mehr oder weniger auf Teile der Großregion beschränkt ist. Als altes Kirschenanbaugebiet hat das Trintingertal aber auch zur Entstehung eigener lokaler Sorten mit luxemburgischen Namen beigetragen. Neben diesen namentlich bekannten Sorten konnten aber auch einige Sorten entdeckt werden, für die bislang kein Namen existiert und die im Rahmen des Projektes einen provisorischen Arbeitsnamen erhalten haben.
In der Folge sollen die einzelnen Gruppen der Herkünfte kurz vorgestellt werden.
Überregionale Sorten
Sorten dieser Einstufung sind in den verschiedensten Obstanbaugebieten, auch im angrenzenden Ausland, verbreitet. Sie wurden als anbauwürdige Sorten für unterschiedliche Verwendungen empfohlen und von Baumschulen auch überregional angeboten.
In den alten Bongerten des Trintingertals sind besonders häufig folgende Sorten gefunden worden:
• Coburger Maiherzkirsche – Typ Sahlis-Kohren
• Große Prinzessin
• Hedelfinger
• Schneiders Späte Knorpelkirsche
• Souvenir de Charmes
Coburger Maiherzkirsche |
Hedelfinger |
In dieser Gruppe dominieren die knackigen, transportfähigeren Knorpelkirschen.
Selten aufgefundene Sorten sind:
• Bernhard Nette
• Burlat
• Elton
• Frühe Maiherzkirsche
• Große Schwarze Knorpelkirsche
• Jaboulay
• Kunzes Kirsche
• Rivers Frühe
• Rote Leberkirsche
• Wil’s Frühe
• Tilgners Rote Herzkirsche
• Zum Feldes Frühe Schwarze
Bernhard Nette | Eltonkirsche | Große Schwarze Knorpelkirsche |
In dieser Gruppe sind überwiegend weichfleischigere, weniger transportfähige Herzkirschen vertreten. Einige dieser Sorten sind als gefährdet einzustufen, zumal sie teilweise nur mit einem Baum dokumentiert werden konnten. Schon zum Zeitpunkt ihrer Pflanzung (1. Hälfte 20 Jhd.) wurden sie nicht mehr von allen Baumschulen im Sortiment geführt. In Deutschland galten die Sorten Frühe Maiherzkirsche, Tilgners Rote Herzkirsche und Wil’s Frühe zum Ende des 20.Jhd. sogar als verschollen.
Regionale Sorten
Diese Sorten kommen überwiegend nur in einer oder in nur wenigen zusammenhängenden Regionen vor. In den Anbauempfehlungen wurden sie von vornherein nur bestimmten Gebieten zugeschrieben oder es handelt sich um Sorten, die sich überregional nicht behaupten konnten. Eine der häufigen Sorten dieser Gruppe ist die Sorte Choque. Diese rotbunte Herzkirsche ist aus dem angrenzenden Lothringen bekannt und wurde bereits im 19. Jahrhundert auch in luxemburgischen Baumschulen angeboten.
Choque |
Sorten mit Lokalnamen – Lokale Sorten
Für das Trintingertal konnten viele alte Kirschbäume gefunden werden, deren Lokalname noch heute den älteren Bongertenbesitzern bekannt ist. Es sind Sorten, die überwiegend nur innerhalb des naturräumlich eng begrenzten Talgebietes auftreten und in der Regel die Grenzen des Dorf- und Gemeindegebietes nicht überschreiten. Sie sind das Herzstück der kulturhistorischen und heutigen Kirschenlandschaft im Trintingertal.
Hierzu zählen:
• Rouja
• Straussen
• Hengkesch
• Lowerech
Rouja | Straussen | Hengkesch |
Bäume dieser rotbunten, aromatischen Knorpel- und Herzkirschen sind noch häufig und stärker verbreitet unter den alten Bäumen im ‘Dall‘ anzutreffen. Außerhalb Trintings haben die genannten Sorten zwar keine Anbaubedeutung erlangt, doch lassen die hohen Stückzahlen einzelner Sorten darauf schließen, dass die Lokalen Sorten innerhalb des ‘Dalls‘ eine große Wertschätzung erfahren haben. Obwohl diese Sorten in Luxemburg nur im Trintingertal zu finden sind, wurden Bäume dieser Sorten regelmäßig von luxemburgischen Baumschulen vermehrt. Erstaunlicherweise tauchen die Sorten aber in keinem der Baumschulkataloge auf, sodass man davon aus gehen muss, dass es sich hierbei um Auftragsveredelungen in kleinerem Umfang handelte und die jungen Bäume anschließend allesamt im Trintingertal landeten.
Mit dem derzeitigen Kenntnisstand kann aber auch nicht ausgeschlossen werden, dass sich hinter den vermeintlichen Lokalsorten ausländische Sorten aus Belgien oder Frankreich verbergen, wobei deren ursprüngliche Sortennamen im Laufe der Zeit verloren gegangen sind bzw. durch luxemburgische Namen ersetzt wurden. Hier werden in Zukunft noch weitere pomologische Vergleiche nötig sein.
Sorten mit Arbeitsnamen
Im Trintingertal wurden Kirschen gefunden, die namentlich noch nicht identifiziert werden konnten und für die es auch keine lokalen Namen gibt. Zur Vereinfachung der weiteren pomologischen Untersuchung wurden Arbeitsnamen vergeben. Sie sind ein Konstrukt, das der Erkennung, Erinnerung und Entdeckung möglicherweise noch nicht bekannter Sorten dient. In der Regel versammeln die vergebenen Namen prägnante Merkmale der gefundenen Sorte (Frucht, Stein, Größe, Form, Reifezeit, Fundort etc.). Bei Ähnlichkeiten zu einer pomologisch namentlich bekannten Sorte folgt der Arbeitsname der Bezeichnung der bekannten Sorte.
Einer abschließenden wissenschaftlichen Bewertung stehen oft eine langwierige und mit vielen Hindernissen begleitende Sichtung bekannter Fruchtsteinsammlungen und eine kritische Beurteilung historischer Schriften (pomologischer Beschreibungen) bevor.
Zu dieser Gruppe zählen Sorten mit den folgenden Arbeitsnamen:
- Beulige Bigarreau
- Breitrunde Riesensteinige
- Gluede Kiischt
- Luxemburger Frühkirsche
- Waldbredimuser Frühe Rotbunte
- Waldbredimuser Später Sämling
Beulige Bigarreau |
Der letztgenannte Name bezeichnet einen Sämling. Da alle Sorten ursprünglich aus Sämlingen hervorgegangen sind, ist dieser Baum einzigartig und könnte, würde er weiter vermehrt und verbreitet werden zu einer neuen Sorte avancieren.
Auch diese wenig bekannten alten Sorten sind vom Aussterben bedroht. Zudem ist über deren genauere Reifezeit, Verwendungsmöglichkeiten und Anbaueigenschaften noch zu wenig bekannt, sodass über die Anpflanzung junger Bäume im Sortenbongert Trintange die jeweiligen Sorten zumindest erhalten werden.
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